Ausgiebige Tastenstürme

Alexander Maria WagnerAlexander Wagner gastierte im Kulturforum Oberalteich. Gespielt hat er auch zwei Eigenkompositionen und eine Sonate von Leos Janácek. (Foto: Daller)

Ein Schatten lag über diesem spärlich besuchten Klavierabend unter dem Motto „Les-Adieux – Das Lebewohl“ mit dem Pianisten Alexander Maria Wagner im Kulturforum Oberalteich: Der Vorsitzende des Fördervereins für Kultur- und Forschung Bogen-Oberalteich, Dr. Daller, verkündete das vermutliche Ende der Veranstaltungsreihe ab kommendem Jahr. Angebot und Nachfrage stimmten nicht mehr überein. Da denkt man wehmütig zurück an Hochkarätiges wie Auftritte des Pianisten Martin Rasch oder des beim ARD-Wettbewerb prämierten Duos d’accord.

Der schon wiederholt in Oberalteich gastierende hochtalentierte Jungpianist Alexander Maria Wagner ist nicht nur ein Tastentiger á la Lang Lang, sondern auch als Komponist höchst erfolgreich. Erst in diesem Frühjahr nahm das Radiosinfonieorchester Moskau die zweite (!) Sinfonie des 22-Jährigen auf CD auf. Hier geht es um die pianistischen Potenzen Wagners. In gewisser Hinsicht ähnelt er dem gegenwärtig wegen einer Armverletzung zum Pausieren gezwungenen Starpianisten Lang Lang. Seine technischen Möglichkeiten (Liszts erster Mephisto-Walzer!) scheinen unbegrenzt. Musikalisch – gestalterisch spielt er vergleichsweise in einer höheren Liga. Das zeigten schon Stellen im Mozart (Sonate c-Moll, KV 457) – wahrlich kein leichter Einstieg für einen Klavierabend.

Johannes Brahms war im Programm zweimal vertreten. Man kann Wagner kaum ankreiden, dass er für die träumerisch-leidenschaftlichen Monologe in den drei Intermezzi op.117, die weit über die behagliche Salonatmosphäre der pianistischen Umgebung der Zeit hinausweisen, (noch) nicht den vollen Zugang fand. Immerhin setzte er die poetische Differenziertheit dieser Stücke deutlich von dem leicht übertriebenen Zugriff bei den beiden Rhapsodien op. 79 ab.

Einen Extrastern verdient die Beschäftigung mit der kaum je zu erlebenden „Sonate von der Straße 1.x. 1905“ des mährischen Komponisten Leos Janácek. Zwei Sätze höchsten Schwierigkeitsgrades („Vorahnung- Tod“). Tönendes heroisches Epitaph auf einen Arbeiter, der bei Straßenunruhen in Brünn, der Heimatstadt des Komponisten, ums Leben kam. Eine seltsam beunruhigende Musik in teils vollgriffigem Klaviersatz, leidenschaftlich expressiv. Der Eigenanteil des Komponisten Wagner war mit zwei Programmnummern und zwei Zugaben nicht zu knapp bemessen. Von ersteren beeindruckte „Traumgewächse“ (2017) durch klanglichen Erfindungsreichtum mehr als das Auftragswerk einer scheidenden Intendantin des Bonner Beethovenhauses, „Variationen über Beethovens Les Adieux-Thema“ (2013).


Werner Haas

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