Intensiv musiziert

Oberalteich: Zuhörer bei Bluval-Konzert begeistert

Maxi Hornung und Hisako KawamuraIm Mittelpunkt des Bluval-Konzerts im Kulturforum Oberalteich stand die mittlere dritte von fünf Cello-Sonaten Beethovens. Maximilian Hornung und Hisako Kawamura waren die vollkommen agierenden Instrumentalisten. Diese Sonate für Violoncello und Klavier wurde von beiden mit viel Leidenschaft gespielt. Überhaupt wurde den ganzen Abend, wo es sich ergab, mit Hochdruck sehr intensiv musiziert.

Beethovens A-Dur-Sonate op. 69 beginnt mit einem verträumten Violoncello. Das Klavier nimmt diesen Traum auf und spinnt ihn vorsichtig weiter. Scharfe Akzente folgen. Pizzicati und aufwärts strebende Tonleitern stellen sich ein. Souveräne Doppelgriffe kann man im Scherzo hören. Im kurzen langsamen Satz konnte man hören, was oft vergessen wird, dass Beethoven auch lyrisch und höchst kantabel komponieren konnte. Nicht nur titanisch und heroisch.

Und der letzte Satz ist ein besonderes Beispiel von Beethovens Humor, der durchaus hintersinnig und verquer sein kann. Zum Beispiel der Schluss dieser Sonate, wo sich Beethoven mit schelmischem Augenzwinkern so ganz nebenbei aus dem Staub macht. Alles lebendig und zwingend aus dem Moment heraus musiziert. Ebenso vorzüglich erklangen die Dvorak-Sonate für Violine und Klavier op. 100 am Anfang und die Franck-Sonate für Violine und Klavier in A-Dur am Ende. Nur eben nicht mit Violine, sondern mit Violoncello.

Am Beginn von Bluval konnte man die Franck-Sonate in einer Fassung für Querflöte hören. Das macht noch einigermaßen Sinn, weil Violine und Flöte hohe Instrumente sind. Aber macht es Sinn, die Violinstimme ins Violoncello zu verlegen? Eine Etage tiefer? Möglich ist es. Das bewies Hornung exzellent. Aber hörte man das, was die Komponisten eigentlich wollten? Ein zweischneidiges Schwert. Den Dvorak und den Franck mal so zu hören, ist sehr interessant. Aber ist das Hörerlebnis befriedigend, wenn man etwas hört, was die Komponisten so eigentlich nicht bezweckt haben? Als Rezensent ist man in erster Linie Anwalt der Komponisten. Man muss darauf achten, ob ihnen und ihren Werken Gerechtigkeit widerfährt. Tut es das, wenn eine helle Violinstimme in die tiefere Cello-Lage verbannt wird? Das muss letzten Endes jede und jeder selbst entscheiden. Auch inwieweit dann die originale Klavierstimme noch zur tieferen Cello-Simme passt. Fragen über Fragen stellen sich da ein.

Musiziert wurde einfach grandios. Aber ob es auch im Sinne des Komponisten ist? Ob es klanglich Sinn hat? Hornung und Kawamura hatten dieses Programm zuvor in London präsentiert. Zürich folgt. Was die Kollegen dort zum Dvorak und Franck in dieser Fassung schreiben, wäre interessant. Auch die Zugabe war eine Bearbeitung: das Schumann-Lied „Widmung“ („Du meine Seele, du mein Herz“). In Oberalteich einfühlsam gespielt. Trotzdem hat man dabei durchweg Gerhaher/Huber sehnsuchtsvoll im Ohr. Sogar die Klavierfassung von Liszt überzeugt durch ihre instrumentale Einheitlichkeit mehr.

Bei diesem Konzert wäre es von Vorteil gewesen, die Originalfassungen nicht zu kennen, um vorbehaltlos genießen zu können. Waren im Programm der Dvorak und der Franck deshalb nicht als Bearbeitungen angegeben? Aber Bluval darf das. Weil Bluval gern experimentiert und dies im Konzertalltag sonst zu wenig vorkommt. Aber die Sinnhaftigkeit darf doch nachgefragt werden.


Christian Kuhnle

pdfZeitungsbericht: Intensiv musiziert