Die Liebe nicht vergessen

Oberalteich: Poesie zu Gast im Kulturforum am 14. Mai 2022

Auf Einladung des Fördervereins für Kultur und Forschung des KulturForums in Oberalteich laß am Samstag, den 14. Mai 2022 die Künstlerin Helga Rackl aus Cham aus ihrem neuen Lyrikband „Erdenlieder II“.  Dr. Christoph Günther, der 2. Vorsitzende des Fördervereins für Kultur und Forschung, begrüßte die Zuhörer, die trotz des einladenden Maiwetters der Darbietung den Vorrang gaben. Die Zuhörer haben in jedem Fall jenen Teil gewählt, der den Menschen über den Tag hinaus geleitet und eine Ahnung vermittelt, zu der nur die Poesie dazu die Flügel verleiht, den Alltag zu verlassen. Denn der Mensch fühlt sich ja auf der Spitze der Entwicklungsgeschichte unserer Erde. Zu Allem glaubt er wohl,  fähig zu sein. Manuelle und kognitive Fähigkeiten bestimmen unsere Lebensweise. „Hinter all dem liegt Anmaßung!“, formuliert die Autorin in ihrem Einstieg. Damit stimmt sie den Zuhörer bereits auf die Thematik der Themenfelder ein, die vorgetragen wurden und mit Ergänzungen durch Musikstücke, die die Musikerin Doris Mahl jeweils zum Klingen und Nachschwingen brachte. Singen wir mit Freude ein Lied, um uns wach zu halten für die Wahrheit zwischen Sein und Schein, um uns zu erinnern, dass unsere Zeit in diesem schönen Dasein geschenkt ist, gab die Lyrikerin vor. „Und vergessen wir die Liebe nicht, denn nur mit ihrer Innigkeit können wir den Auftrag erfüllen, achtsam und umsichtig zu leben.“ Mit diesem Kernsatz, der in ihrer Lyrik immer wieder fokussiert auftaucht, wird der Hörer konfrontiert. Für sie ist grundsätzlich wichtig, dass diese Prämisse unser Leben bestimmt und antreibt.

In fünf Abschnitten war die Lesung gegliedert: „Von der Wahrheit, über die Zeit, eine Vision, für die Innigkeit und Erdenlieder I“ waren die Textsequenzen überschrieben. Das wirklich Einmalige an dieser Lesung, die mit “Poesie zu Gast- Ein Abend mit Lyrik und Musik“ überschrieben war, wurde durch Doris Mahl eine meditative und gehaltvolle Einkehr für den Zuhörer. Gerade die Eindringlichkeit der Texte und Gedankenanstöße, die den Zuhörer erreichten, brauchten auch diese Minuten der Einkehr, die die Seele verweilen ließen, um dem Gedanken entsprechend nachspüren zu können. Und der Textbeitrag, der mit „Vision“ überschrieben war, und die Zeitspanne von 1921 bis 2020 – also die letzten Hundertjahre im Blickfeld hatte, verdeutlichte dem Zuhörer sehr prägend, welche Veränderungen wir mitmachten, wir miterlebten und gerade erleben. Diese Rückschau war offensichtlich ein intensiveres Bewusstwerden der Gegenwart. Rackl versteht es sehr gut, diese Veränderungen in der Gesellschaft und in unserem Leben spürbar werden zu lassen, uns darauf hinzuweisen, damit auch jene Fragezeichen dort selbst zu setzen, die wir sie ohnehin in manchen Situationen spüren. Sehr feinfühlig agiert die Autorin und dennoch konkret, wenn es darum geht, Veränderungen im Leben anzumahnen und selbst zu entdecken, damit was in Bewegung gerät.

Und was wäre ein Gedicht, das mit „Zeitenwende“ überschrieben ist und wir nicht dabei spürten, dass die Zeitenwende uns bestimmt und uns auch Vorschläge gibt, wie wir sie gestalten können. „Wende den Blick auf Sonnentierchen und Kieselalgen in einem Tropfen und breite dein Staunen aus vor Kleinoden und Kunstwerken, vor Schönheit und Zartheit. Erkenne deine Begrenztheit und wende den Blick. Noch eine Besonderheit dieses Abends war, dass die Gedichtvorträge sehr stimmig und einfühlsam von Bildern, die die Künstlerin selber anfertigte und die ihr Gatte, Franz Rackl, jeweils einblendete. Helga Rackl, die sich für das Lehramt an Grund- und Hauptschule ausbilden ließ, sich als Lyrikerin mit der Schöpfung und den Fragen des Lebens auseinander setzt, wirft damit Anstöße für die Alltagsfragen auf und beflügelt damit das Sinnieren im großen Maße. Helga Rackl lebt in Cham. Die Teilnehmer an dieser „Einkehr“ zu den Fragen des Lebens möchten wohl diese Abendstunde nicht vermissen.



17._Mai_2022_KuFo.pdf