Bravourös


Anna Gebhardt

Große Kunst konnten die Besucher der vergangenen Konzerte an der Orgel der Wallfahrtskirche auf dem Bogenberg erleben. Berühmte, international bekannte Organisten wie Dr. Wilkes aus Berlin oder Raymond O’ Donnel aus Galway in Irland begeisterten mit ihrem Orgelspiel. Doch diesmal war es anders. Statt Herren gesetzten Alters saß eine sehr junge Dame, Anna Gebhardt, an der anspruchsvollen Orgel. Noch Schülerin am Anton-Bruckner-Gymnasium, bei Waltraud Götz–Rigaud, Orgel, Stefan Mutz, Querflöte, und Carola Unger, Klavier, errang sie bereits einen ersten Preis auf Bundesebene im Fach Orgel.

So konnten die Konzertbesucher auf dem Bogenberg gespannt sein, auf welcher Ebene die Orgelspielkunst von Anna Gebhardt im Vergleich zu den vorgenannten Künstlern, dem Orgelspiel ja noch im Gedächtnis ist, angesiedelt ist. Orgelspiel ist mehr, als den Notentext herunterzuspielen, es ist Kommunikation im wahrsten Sinne mit dem Instrument, feinste Dynamikunterschiede herauszuarbeiten, Klangfarben sinnvoll einzusetzen, vor allem aber das polyphone Geflecht durchhörbar, die Stimme verfolgbar zu gestalten, der Komposition Ausdruck zu verleihen. Um das Resümee vorwegzunehmen: Anna Gebhardt erfüllte in den gehörten Werken diese Ansprüche bravourös!

Mancher wird nun einwenden, die junge Dame wird sich halt einfachere Kompositionen für Schüler ausgesucht haben. Weit gefehlt: Was da im Programmheft stand, würde einen Musikhochschulabsolventen zur Ehre gereichen! Das festliche Präludium in g-moll von Dietrich Buxtehude eröffnete das Konzert. Drei Schübler-Choralvorspiele von Johann Sebastian Bach zeigten das Orgelspiel von Anna Gebhardt von der, zu tiefen musikalischen Empfindungen fähigen Seite. Vor allem „Meine Seele erhebt den Herrn“ BWV 648 spielte die Organistin extrem ausdrucksstark. Frisch zupackend BWV 647 „Wer nur den lieben Gott lässt walten“. Das vielfach zu hörende Concerto in a-moll BWV 593, eine Bearbeitung Johann Sebastian Bachs nach Vivaldi begeisterte nach einem energiegeladenen ersten Satz mit der Interpretation des Adagios; betont langsam, die melodischgesangliche Seite Bachs verdeutlichend, Anna Gebhardt erlag nicht, wie manch andere Organisten der Versuchung, während dieses Satzes stetig schneller zu werden.

Das fantastische, ein Tor in eine andere Klangwelt aufstoßende Werk von Franz Liszt, Präludium und Fuge über B-A-C-H bildete den Höhepunkt des gut besuchten Konzertes auf dem Bogenberg. Meditative Momente wechseln ab Fortissimo-Steigerungen, bei den Bässen schwierige Pedalarbeit. Anna Gebhardt meisterte alle spieltechnischen Probleme in großartigster Weise, so als existierten sie gar nicht! Ein weiteres in seinen Strukturen keinesfalls einfaches Werk von Olivier Messiaen „Dieu parmi nous“, „Gott unter uns“ aus seinem Weihnachtszyklus beendete dieses, zweifellos den Höhepunkt der diesjährigen Orgelmusikreihe bildende Konzert in der Wallfahrtskirche auf dem Bogenberg. Selbst einem, wegen des jugendlichen Alters der Organistin, voreingenommenen Skeptiker, wird eines nach diesem Konzert klar sein: Alle Signale für eine Karriere in der Musik stehen für Anna Gebhardt auf „grün“!

Theodor Auer

 Zeitungsbericht: Konzert mit Anna Gebhardt